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Gross Sankt-Martin |
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688,20 L |
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Über viele Jahrhunderte - lange
bevor der Dom endlich seine Türme erhielt - bestimmte der massive
vierkante Turm von Groß Sankt-Martin die Silhouette von Köln.
Die Basilika, die auf einer Insel in der sog. Rheinvorstadt errichtet
wurde, gehört zu den zwölf romanischen Kirchen innerhalb
der mittelalterlichen Stadtmauer. Wie fast alle Gebäude auf
diesem Gebiet ruht sie auf Hinterlassenschaften der römischen
Colonia Claudia Ara Agrippinensium. Ausgrabungen in den 1960er und
70er Jahren zufolge befand sich an dieser Stelle im ersten nachchristlichen
Jahrhundert ein Sportplatz mit Wasserbecken. Im 2. Jahrhundert errichteten
die Römer hier ein Geviert aus Lagerhallen.
Über den eigentlichen Ursprung der Kirche sind die Angaben
widersprüchlich. Als sicher gilt, daß ein Vorgängerbau,
der möglicherweise aus Teilen einer der erwähnten Lagerhallen
bestand, im 10. Jahrhundert als Stiftskirche eines von schottischen
Missionaren geführten Benediktinerklosters diente.
1150 verwüstete ein Großbrand die Rheinvorstadt1. Aus
diesem Anlaß errichteten die Benediktiner einen Trikonchos2,
der 1172 von Erzbischof Philipp I von Heinsberg eingeweiht wurde
und den Grundstock für alle späteren Um- und Erweiterungsbauten
bildet.
In den Jahren nach der Einweihung entstand das Langhaus mit der
zweistöckigen Benediktuskapelle. Im 13. Jahrhundert wurde der
Innenraum filigraner gestaltet, indem man aus dem Mauerwerk Nischen
und Laufgänge des Triforium3 herausarbeitete. Das
Langschiff wuchs um fünf Meter und erhielt im Westen eine zweijochige
Vorhalle. (Die Vorhalle wurde nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg
nicht wiederaufgebaut.) Das Langschiff stieß unmittelbar an
die Brigidenkirche - die Kirche, die der Heiligen Brigida von Kildare
geweiht war, wurde unmittelbar nach der Säkularisation abgerissen
- und hatte mit dieser eine gemeinsame Mauer, wodurch der südliche
und der nördliche Grundriß des Langschiffs unterschiedlich
verlaufen.
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Grundriß (rechts des Triforium) |
Nachdem in den folgenden Jahrhunderten Sturmschäden und natürlicher
Verfall kleineren Veränderungen zeitigten, beschloß die
Abtei unter Abt Franz Spix (1741-1759) im Zusammenhang mit einem Neubau
des Klosters eine zeitgemäße Ausgestaltung des Innenraums.
Der 'Barockisierung' folgte Ende des Jahrhunderts eine klassizistische
Ausschmückung der Basilika durch Ferdinand Franz Wallraf4. Um
1789 wurden die Ecktürmchen an der Westseite zusammen mit der
Magdalenenkapelle abgerissen. Die Hauptapsiden erhielten Fenster.
1794 wurde die linke Rheinseite von napoleonische Truppen besetzt.
Auf die Einführung des Code Civil folgte die Auflösung des
Klosters 1802 und Groß Sankt-Martin wurde Pfarrkirche. 1843
beschloß die Stadt, sich an der Instandsetzung des verfallenden
Hauses: Zunächst wurde der eine, später der zweite der fehlenden
Ecktürmchen ersetzt, das Dach und der Westgiebel wurde erneuert.
Im Innenraum die trat anstelle des klassizistischen ein historistisches
Bilderprogramm. Mit der Ausmalung wurde der Kölner Maler Alexius
Kleinertz beauftragt. Die Arbeit, die 1868 begann, wurde 1885 abgeschlossen.
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Gasse Auf dem Rothenberg mit Blick
auf Groß St. Martin vor dem 2. Weltkrieg |
Ende des 2. Weltkriegs lag die Kirche in Trümmern. Arbeiten an
der Ruine beschränkten sich im Jahrzehnt nach Kriegsende auf
die Sicherung des Vorhandenen und die provisorische Reparatur der
Konchen. Der eigentliche Wiederaufbau des Langschiffs wurde 1955 in
Angriff genommen und zog sich über vier Jahrzehnte hin. Dank
eines in dieser Zeit stattfindenden Gesinnungswandels hinsichtlich
der Gestaltung des Innenraums wurden die Fragmente der Ausgestaltung
aus dem 19. Jahrhundert - Teile der Ausmalung und der Bodenmosaike
- bewahrt und in den restaurierten Raum integriert. Auf eine vollständige
Wiederherstellung hatte der verantwortliche Architekt Joachim Schürmann
verzichtet. Gross Sankt-Martin ist daher unter den romanischen Kirchen
in Köln die einzige, die Einblicke in die alte Innenraumgestaltung
ermöglicht.
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Westansicht (Chor und Turm) von
Sulpiz de Boisserée (19.Jhdt-) |
Am 13. Januar 1985 wurde Groß Sankt-Martin erneut geweiht und ihrer
Bestimmung als Gotteshaus zugeführt. Da die Kirche ihre alte
Gemeinde an den Dom verloren hatte, wurde sie bis 2008 von den spanisch-,
portugiesisch- und philippinisch-sprachigen Kategorialgemeinden genutzt.
Seit 2009 ist Groß Sankt-Martin wieder Klosterkirche einer kleinen,
zwölf Mitglieder zählenden benediktinischen Gemeinschaft
der Fraternité de Jérusalem.
Außer den Reliquien der Heiligen Brigitta von Schweden, des
Heiligen Sebastian und des Engelbert von Köln beherbergt die
Kirche verschiedene sehenswerte Ausstattungsstücke, darunter
einen Taufstein aus der Stauferzeit, ein Triptichon aus der Renaissance
und eine Skulptur des Heiligen Eliphius.
Öffnungszeiten
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Di-Fr
Sa
So |
8.30-13.00
9.00-13.00
10.00-13.00 |
15.00-19:30
15.00-19:30
15.00-19.00 |
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1 Die Kirche erhielt den Zusatz
'Groß', nachdem der Rheinarm, der die Rheinvorstadt von der
eigentlichen Stadt trennte, aufgefüllt worden war, gegen die
Verwechslung mit der Kirche Sankt Martin.
2 Trikonchos: Bauwerk, dessen
Grundriß auf einem Kreuz mit vier gleichen Armen beruht. Drei
Seiten werden von Apsiden gebildet, mit einem geraden Portal an der
vierten Seite. Auf dem Grundriß ist der Trikonchos gegenüber
dem Langschiff noch gut zu erkennen.
3 Triforium: In romanischen und gotischen Kirchen die Gliederung
der Hauptschiffwände zwischen den Arkaden und den Lichtgaden.
In romanischen Kirchen beruht die Gliederung oft auf Blendarkaden
(Blendtriforien) ohne den schmalen Laufgang um Chor und Langhaus,
den man in gotischen Kirchen findet.
4 Ferdinand Franz Wallraf (1748-1824), Kölner Gelehrter,
Theologe und Kunstsammler, dessen Sammlung das Wallraf-Richartz-Museum
beherbergt. |
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For many centuries - long before the
Cologne cathedral became the town's unmistakable landmark - the
square tower of Gross Sankt-Martin dominated the skyline of Cologne.
Built on what once was an island off the actual city the basilica
is one of the twelve Roman churches within the medieval walls that
have been restored with much care. Like all buildings of the area
it rests on remains of the ancient Roman Colonia Claudia Ara Agrippinensium.
According to findings of archaelogical excavations the site had
been used as a sports ground with a pool in the 1st century, and
later was overbuilt by warehouses around a square in the 2nd century.
While the very origins of the church are lost in history findings
and documents suggest an older church in the 10th century, for which
parts of an old warehouse may have been used.
This collegiate church of an abbey of Scottish Benedictine missionaries
fell prey to a fire that raged about the suburbian island1
in 1150. Following the destruction the Benedictines built a triconchos2
on the same site. A nave and a two-storied Benedictus chapel were
added soon after inauguration. In the 13th century niches and galleries
of the triforium3 were cut into the stone walls to create
a more sophisticated interior. The nave was extended by five metres
with a porch attached to its western end. (The porch has not been
part of the rebuilding program after WWII.) Since the nave touched
the neighbouring church of St. Brigid - this minor church that was
dedicated to Saint Brigid of Kildare has been demolished following
secularisation in 1802 - the floor plan shows some asymmetries between
the northern and the southern nave.
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Grundriß (rechts des Triforium) |
The centuries that followed saw only minor changes mainly consisting
of repairs of damages caused by natural deterioration or storm. It
was during the incumbency of abbot Franz Spix (1741-1759) that the
building of a new a abbey was a welcome opportunity to redecorate
the church interior. The 'baroque' period did not last long, however.
It was followed by a more neo-classical decoration by Ferdinand Franz
Wallraf4. At the outside two minor flanking towers on the
west side of the great tower and the Magdalen chapel were demolished
and the main apses were equipped with windows.
Following the occupation of the left bank in 1794 by Napoleon troups
the French Code Civil became common law. Soon after secularisation
in 1802 the Benedictine abbey was closed and Gross Sankt-Martin was
made a parish church. In 1843 the city of Cologne decided to contribute
to the refurbishment of the decaying building. While on the outside
the flanking towers were rebuilt and the roof and the west pediment
were restored, the interior again underwent redecoration. The neo-classical
imagery was replaced by historicist paintings done by the Cologne
painter Alexius Kleinertz who worked on them from 1868 until 1885.
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narrow lane Auf dem Rothenberg
with a view of Gross St. Martin before WWII. |
The end of WW II saw the church in ruins. Works on the remains did not go beyond
the securing of what was still standing, namely repairs of the apses.
The actual reconstruction of the nave and the tower began in 1955
and took four decades. Over time opinions as for the preservation
or reconstruction of the church based on older documents changed.
While the architect Josef Schürmann avoided an 'authentic' recreation
of any prior state, fragments of the 19th century paintings and the
tesselated floor were integrated into a newly restored interior.
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west view (tower above the triconchos)
by Sulpiz de Boisserée (19.Jhdt-) |
On January 13, 1985 Gross Sankt-Martin was re-inaugurated as a parish church.
Since in the meantime the parish had been lost to the Cathedral it
was used for services in Spanish, Portuguese and Filipino until 2008.
In 2009 the church was rededicated as collegiate church by a small
community of twelve Benedictines who had chosen Cologne as an outpost
of the Fraternité de Jérusalem.
Apart from the relics of the Holy Brigitta of Sweden, the Holy Sebastian
and Engelbert von Köln the church houses some pieces of ecclesiastical
art worth seeing, such as a medieval baptismal font, a Renaissance
tryptich, and a sculpture of Saint Eliphius.
visiting
hours |
tue-fri
sat
sun |
8.30-13.00
9.00-13.00
10.00-13.00 |
15.00-19:30
15.00-19:30
15.00-19.00 |
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1 The church was named 'Gross'
Sankt-Martin so as not to confuse it with the church of Sankt Martin
in the city proper after the branch of the Rhine was filled up.
2 Triconchos: construction based on a greek cross. Three side
walls of the building are convex (apses) the fourth is a straight
wall with the entrance. In the later building the triconchos is the
chancel from which the tower rises.
3 Triforium: in roman and gothic churches this is a shallow
gallery of arches within the old wall.
4 Wallraf (1748-1824) was a known scientist, priest and
collector of art (whose collection is housed in the Wallraf-Richartz
Museum) |
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