Düsseldorf
 
Oberkasseler Brücke
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Oberkasseler Brücke 1896-98
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Oberkasseler Brücke 1925-26
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Behelfsbrücke 1946-48

"Mit dem Bau der Rheinbrücke bei Düsseldorf wurde nicht nur die erste feste Straßenbrücke am Niederrhein zwischen Köln und der holländischen Grenze errichtet, sondern auch die schon lange geplante und dringend erforderliche Verbindung zwischen den Städten des linken und rechten Niederrhein geschaffen. Da die Staatsverwaltung jahrelang eine Baukostenbeteiligung ablehnte, konnte erst eine durch Privatinitiative gebildete Aktiengesellschaft mit dem Namen "Rheinische Bahngesellschaft" das für die Planung und Ausführung notwendige Kapital aufbringen. (Zur Deckung der Kosten erhielt diese Gesellschaft eine Reihe von Privilegien, wie z.B. die Erhebung eines Brückenzolles auf die Dauer von 75 Jahren.)

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Oberkasseler Brücke 1896-98

Den Ausführungsentwurf der Brücke bestimmten verschiedene Gesichtspunkte.

Die Lage der Brücke in Verlängerung der Kunstakademie war von drei zur Verfügung stehenden Stellen am günstigsten. Die Forderung der Strombauverwaltung nach einer Schiffahrtsöffnung von mindestens 180 m Durchlaßbreite am rechten Ufer bestimmte die Stützweite der Stromüberbauten. Das Vorland konnte auf der linken Rheinseite mit drei und auf der rechten mit einem Überbau überbrückt werden. Als System für die sechs Brückenöffnungen wurde ein Fachwerk-Zweigelenkbogen gewählt, der in den vier kleineren Seitenöffnungen unter der Fahrbahn angeordnet worden war, während bei den beiden Hauptöffnungen der Untergurt die Fahrbahn durchschnitt und der Obergurt gänzlich über ihr lag. Diese gewählte Form des Fachwerk-Zweigelenkbogens mit angehängter Fahrbahn wurde hier gleichzeitig mit der Bonner Rheinbrücke zum ersten Male verwendet und galt als Vorbild für viele spätere Brücken. Bei einem Hauptträgerabstand von 9,70 m ergab sich im Querschnitt eine Fahrbahnbreite von 8,20 m einschließlich der zwei Kleinbahngleise mit 1,435 m Schienen- und 2,75 m Gleismittenabstand. Diese geringe Breite der Fahrbahn zeigte sich sehr bald als ein großer Nachteil der Brücke.

Schon zehn Jahre nach der Eröffnung war der Verkehr über die Brücke derart angewachsen, daß eine Erweiterung dringend notwendig wurde. Man dachte dabei nicht nur daran, die vorhandene Brückenbahn zu verbreitern, sondern die Brücke gleichzeitig zweigeschossig zu gestalten und das Obergeschoß für die Überführung besonderer Schnellbahngleise zu benutzen. Dieser kühne Plan wurde jedoch wegen seiner Kostspieligkeit nicht verwirklicht.

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Oberkasseler Brücke nach der Verbreiterung 1925-26

Nachdem festgestellt worden war, daß die Standsicherheit der alten Pfeiler ohne Verstärkung durch eine Belastung mit Bogenträgern gewährleistet war, entschied man sich zur Ausführung von Hauptträgern in der gleichen Form wie bei der alten Brücke. Durch den Umbau wurde die Brücke so verbreitert, daß außerhalb der Hauptträger beidseitig eine Gleisfahrbahn und ein Gehweg angeordnet wurden. In dem 1,70 m breiten Zwischenraum der beiden Hauptträger wurde noch je ein Radweg angeordnet. Die neuen Bogen waren mit den alten nur durch Lenker verbunden, der alte obere Windverband übernahm wie bisher die Weiterleitung der Windkräfte bis zu den Portalen und von da zu den Auflagern. Durch die Montage der alten Bogenträger und die damit verbundene unsymmetrische Pfeilerausbildung bedingt, wurden die neuen Bogenträger als Dreigelenkbögen ausgebildet, und zwar mit einem Mittelgelenk im Untergurt in der linken und im Obergurt in der rechten Stromöffnung. Die gewählte Konstruktion wies einige Nachteile hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit, der Ausführbarkeit und der betrieblichen Unterhaltung auf. Die neue Konstruktion wurde zum Teil in Schiffbaustahl St 44 hergestellt.

Die Verbreiterung der Brücke innerhalb einer sehr kurzen Bauzeit stellte an die ausführenden Firmen sehr hohe Anforderungen. Trotz mancher unvorhergesehener Zwischenfälle konnte das Bauwerk innerhalb nur eines Jahres umgebaut und für den Verkehr wieder freigegeben werden.

Durch Sprengung wurden die beiden Stromüberbauten vollkommen zerstört und eine Vorlandbrücke beschädigt. Bereits im Sommer 1945 war eine behelfsmäßige Fußgängerbrücke geplant, die jedoch durch den Bau der "Freemann - Brücke" nicht zur Ausführung gelangte. Im Jahre 1946 wurde an der Stelle der alten Brücke eine Dauerbehelfsbrücke errichtet.

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Oberkasseler Behelfsbrücke

Unter Berücksichtigung einer noch ausreichenden Schiffahrtsöffnung Und der Stahlknappheit wählte man eine durchlaufende Fachwerkträgerbrücke mit einer größten Stützweite von 94,50 m. Zwischen den vorhandenen Pfeilern der alten Brücke wurden zu diesem Zweck je ein Zwischenpfeiler angeordnet.

Vor den Gründungsarbeiten an den neuen Zwischenpfeilern beseitigte man die im Rhein liegenden Trümmer der alten Brücke. Durch die Verbindung von Flach- und Pfahlgründung konnten die Pfeiler schnell und trotzdem sicher gegründet werden. Eine Stahlstützenkonstruktion bildete den oberen Abschluß der Pfeiler, auf welche sich der Überbau absetzte. Mit besonderer Genehmigung erhielt die Fahrbahn eine nutzbare Breite von 8,50 m und ermöglichte eine Überführung der Straßenbahn. Außerhalb der Hauptträger wurden auf jede Seite noch Fußwege angeordnet. Die Haupttragkonstruktion war ein parallelgurtiger durchlaufender Fachwerkbalken mit steigenden und fallenden Diagonalen.

Die Berechnung und konstruktive Bearbeitung der Ausführung wies keine Besonderheiten auf.

Da für die Montage der Überbauten kein Freivorbau und kein Zusammenbau auf Hilfsgerüsten möglich war, entschied man sich für ein Verschieben der vormontierten Brückenabschnitte unter Verwendung von entsprechenden Montagehilfsgeräten, wie Vorbauschnabel, Untergurtversteifungen und Untergurtverschubkonstruktionen sowie Hauptträgerüberspannungen. Der Vorbau erfolgte von beiden Rheinseiten und schloß mit dem Freivorbau von drei Feldern neben dem Mittelpfeiler ab.

Die Vorlandbrücken mußten für die neuen Verkehrslasten verstärkt werden. Zu diesem Zwecke wurde die Tragkonstruktion entlastet und unter großen Schwierigkeiten und Zeitaufwand, die bereits im Jahre 1926 verstärkte Konstruktion durch Verstärkungsträger und Lamellen den statischen Erfordernissen angepaßt.

Diese Brücke war zum Zeitpunkt der Fertigstellung im Mai 1948 der einzigste Rheinübergang zwischen Köln und Wesel, nachdem am 30.12.1947 die Freeman- Brücke infolge Schiffskollision eingestürzt war.

Das als Dauerbehelfsbrücke gedachte Bauwerk, das auch architektonisch gesehen eine befriedigende Lösung darstellte, bildete eine wichtige Verbindung zwischen dem rechtsrheinischen Industriegebiet und dem linksrheinisch gelegenen Hinterland."

Prof.Dipl.-Ing. Hans-Fried Schierk, 100 Jahre feste Rheinbrücken in Nordrhein-Westfalen 1855-1955, pp.57ff
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neue Oberkasseler Brücke

Nachdem im Oktober 1969 die Kniebrücke dem Verkehr übergeben worden war, begann man unmittelbar mit dem Bau einer weiteren Brücke, welche mit der Behelfsbrücke zwischen Oberkassel und Düsseldorf eine der letzten Spuren des Krieges in der Stadt beseitigen sollte. Im Sinn der autogerechten Stadt entstand nach dem Entwurf des Bauingenieurs Hans Grassi unter der Leitung des Baudezernenten Friedrich Tamm eine weitere Schrägseilbrücke für den innerstädtischen Verkehr mit zweispurigen, in der Mitte durch das Gleisbett der S-Bahn getrennte Richtungsfahrbahnen, mit breiten Rad- und Fußwegen. Die Brücke mit einem 103 m hohen Pylon auf der linken Rheinseite, von dem je vier Seilpaare an der Mittelachse ansetzen, hat eine Gesamtlänge von 615 m, und aufgrund der Stützweite von 258 m über dem Strom (wie seither üblich) eine gemeinsame Durchfahrtsöffnung für die Schiffahrt. Eine auf vier Säulengruppen ruhende Vorlandbrücke überbrückt das an dieser Stelle breite Vordeichland. Ein besonderes Ereignis war die Verschiebung des gesamten Bauwerks am 6./7. April 1976, das einige Meter stromaufwärts errichtet worden war, um die bestehende Brücke während des Baus für den Verkehr zu erhalten.

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Versetzung der Brückenkonstruktion 1976
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