Duisburg
 
Uerdinger Brücke
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Straßenbrücke Uerdingen-Mündelheim (1933-1936)
"Es bestand schon seit längerer Zeit der Plan, den Rhein bei Krefeld-Uerdingen mit einer festen Straßenbrücke zu überqueren. Neuen Auftrieb erhielt das Projekt durch den Bau der Reichsautobahn, die auf der rechten Rheinseite zwischen Duisburg und Köln gebaut wurde. Für den Krefelder Wirtschaftsraum und das linksniederrheinische Gebiet war es von außerordentlicher verkehrspolitischer Bedeutung, einen unmittelbaren Anschluß an das Ruhrgebiet und den Düsseldorfer Raum zu erhalten. Das Gesetz zur Verminderung der Arbeitslosigkeit vom 1. Juni 1933 bot der Stadtverwaltung Krefeld-Uerdingen die Möglichkeit, die Finanzierung des Brückenbaues durch Aufnahme eines Darlehens bei der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Arbeiten sicherzustellen. Die Bereitstellung der Baukosten wurden außerdem durch eine freiwillige Spende der Krefeld-Uerdinger Wirtschaft in Höhe von RM 500.000,-- erleichtert.

Die Lage der Brücke war in einem Rheinbogen, wodurch eine Öffnung von 250 m nötig wurde. Die Einmündung des Uerdinger Hafens auf der linken und das weite Vorland auf der rechten Rheinseite ermöglichten eine gute Stützverteilung und dadurch symmetrische Stützweiten von 125 - 250 - 125 m. Das rechtsseitige Vorland wurde mit einer über sechs Öffnungen von je 45 m Stützweite durchlaufenden Flutbrücke überspannt. Auf dem linken Ufer stellte ein rd. 87 m langes Übergangsbauwerk mit 3 Öffnungen den Anschluß an die Strombrücke her und diente gleichzeitig zur Unterführung einer parallel mit dem Strom laufenden Verkehrsstraße.

Da eine Kabelhängebrücke, aufgrund der hohen Baukosten, nicht in Betracht kam, wurde ein im äußeren Umriß der Kabelhängebrücke ähnliches Brückensystem gewählt, das im wesentlichen aus Hängegurten bestand, die durch Parallelträger versteift waren.

Nachdem am 6.November 1933 der preußische Minister für Wirtschaft und Arbeit die staatliche Genehmigung zum Bau der Brücke erteilt hatte, wurde unverzüglich mit den umfangreichen Erdarbeiten begonnen. Aufgrund tragfähigen Bodens wurden die beiden Übergangspfeiler und die Flutpfeiler in offener, umspundeter Baugrube bei teilweiser Wasserhaltung gegründet, während bei den beiden Strompfeilern die Druckluftgründung verwendet wurde. Die Eisenbetonsenkkästen wurden im August und September 1934 eingeschwommen und zwischen Führungsgeräten 7 bzw. 8 m unter Fußsohle abgesenkt. Die Arbeitsräume der Senkkästen wurden ausbetoniert. Alle sichtbaren Teile der Strom- und Übergangspfeiler sind mit Basaltlava verblendet worden, während die Flutpfeiler und das rechte Landwiderlager in schalungsrahem Beton belassen worden sind. Im Dezember 1934 waren sämtliche Pfeiler und das rechte Widerlager fertiggestellt.

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Uerdinger Brücke (Photo: Archiv H. Peterburs)

Bei der Ausbildung der starken, nur auf Druck beanspruchten Pylonen wurde erstmalig auf eine volle Deckung des Querschnitts an den Stößen verzichtet. Die einzelenen Stöße sind als Kontaktstöße angefertigt worden, so daß der Druck unmittelbar von Querschnitt zu Querschnitt übertragen wurde. An den Stößen wurden nur Haltelaschen angebracht. Diese neuartige Ausbildungsart konnte nur angewandt werden, weil rechnerisch nachgewiesen wurde, daß die Abweichung der Drucklinie in den Pylonen so gering ist, daß Zug- oder Biegespannungen nicht auftreten können. Durch diese Konstruktionsart konnte eine große Ersparnis an Stahl und Arbeit gemacht werden.

Im August 1934 begann man mit dem Aufstellen der Montagerüstung für die erste Flutöffnung. Im September folgte das Gerüst die rechte und linke Seitenöffnung. Die beiden 125 m Seitenöffnungen wurden auf Gerüsten vorgebaut. Anschließend begann der freie Vorbau über der Mittelöffnung. Dadurch trat ein Senken der vorkragenden Enden auf. Der Einbau des Hängegurtes mit seiner endgültigen Länge wurde ermöglicht,weil zunächst die Hängegurte in den äßeren Öffnungen bis an die Pylonen angebracht und gerade Hilfszugstäbe von den Pylonen zur Stromöffnung eingezogen wurden. Damit wurden die freien Enden des Versteifungsträgers so hoch gehoben, daß die Durchbiegung verschwand und die mittleren Hängegurte endgültig befestigt werden konnten. Mit Hilfe von Spannungsmessern wurde darauf geachtet, daß die errechneten Spannungswerte des Systems genau erreicht wurden. Im September 1935 wurde die Montage der Strombrücke vollendet. Die Brücke wurde am 7. Juni 1936 dem Verkehr übergeben."

Prof.Dipl.-Ing. Hans-Fried Schierk, 100 Jahre feste Rheinbrücken in Nordrhein-Westfalen 1855-1955, pp.57ff
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Uerdinger Brücke (Photo: BAW)
Die Uerdinger Brücke wurde am 4. März 1945 von der deutschen Wehrmacht auf dem Rückzug gesprengt. Der Aufbau begann 1948. Aufgrund der Verwendung brauchbarer Teile führte dazu, daß die Brücke bei der Wiedereröffnung am 4. November 1950 im Großen und Ganzen der ursprünglichen Konstruktion glich. Während praktische alle Rheinbrücken inzwischen erweitert und dem wachsenden Verkehr angepaßt wurden, erfuhr die Uerdinger Brücke lediglich 1964 eine Verstärkung der Konstruktion und Sanierungsarbeiten 1984 und 1993. Sollte der für 2030 geplante Ausbau der darüber führenden Bundesstraße Wirklichkeit werden, wird die denkmalgeschützte Brücke ihm vermutlich einem bestehenden Verkehrskonzept geopfert werden.
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Uerdinger Brücke
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