Duisburg
 
Eisenbahnbrücke Hochfeld
Eisenbahnbrücke Hochfeld 1871-73

"Bereits 5 Jahre nach Inbetriebnahme einer leistungsfähigen Eisenbahnfähre zwischen Duisburg-Hochfeld und Rheinhausen mußte diese gegen eine feste Brücke ausgewechselt werden. Der steigende Verbrauch und das stetige Wachsen der Förderung von Ruhrkohle bestimmten die Notwendigkeit des Brückenbaus. Diese Gründe waren auch ausschlaggebend für die Lage der Brücke.

Da die Planung, der Entwurf und die Ausführung in den Händen der Rheinischen Bahngesellschaft lag, wählte man die gleiche Durchbildung der Eisenkonstruktion wie bei der 10 Jahre vorher erbauten und sich bewährten Brücke bei Koblenz-Pfaffendorf. Ein Vergleich aller bis in die 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts erbauten Brücken zeigt, daß am Mittel- und Niederrhein die Stützweiten der Stromöffnungen ungefähr gleich sind. Für die Festlegung der Öffnungen waren die Abmessungen der Rheinflöße maßgebend, die bei einer Breite von 70 m eine Durchfahrtsöffnung von rd. 90 m benötigten. An die Stromöffnungen der Hochfelder-Brücke schließen weitere Überbauten an, von denen je eine auf jeder Seite aus militärischen Gründen als Drehbrücke ausgebildet war. Es schlossen sich linksrheinisch 16 Öffnungen von je 15,69 m Stützweite und rechtsrheinisch 6 Öffnungen gleicher Stützweite aus Ziegelsteinmauerwerk an. Die Strombrücke hatte eine Länge von 434 m und die Gesamtlänge des Brückenbauwerks betrug 934 m. Das Vorhandensein gleichen Baugrundes führte auch zu der gleichen Gründungsart und Ausführung der Widerlager und Pfeiler wie bei der Koblenzer Brücke. [...]

Die 4 Stromöffnungen mit einer Stützweite von je 98,08 m und einer Pfeilhöhe von 7,98 m entsprachen in Statik, Konstruktion, Ausführung und Montage den Überbauten der Pfaffendorfer Brücke. Die Eisenkonstruktion jeder Öffnung bestand aus 3 Zweigelenkbogen, zwei äuTJeren und einem mittleren. Der mittlere Bogen durchschnitt die Fahrbahn, deshalb wurden die Gleise an den Enden der Brücke von 3,60 m auf 5,00 m auseinandergezogen. Die äußeren Bogen trugen je einen 1,00 m breiten Fußweg auf den Konsolen. Die Gurtungen waren parallel und die Füllungsstäbe standen senkrecht und diagonal.

Die Lieferung und Aufstellung der Eisenkonstruktion war durch einen Vertrag vom 21.März 1872 "den Herren Jacobi, Haniel und Huyssen" der Gutehoffnungshütte in Sterkrade übertragen worden. Die Arbeiten am Überbau wurden am 5. März 1873 begonnen.

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Eisenbahnbrücke Hochfeld - Brückenbogen

Der Zusammenbau der Bogen geschah auf Zulage am linken Flußufer. Die vorbereitenden Arbeiten waren im Werk erledigt worden. Auf der Zulage wurden die Bogen zusammengelegt ·und mit Ausnahme eines Mittelstücks im Scheitel vernietet. Jede Hälfte, mit einem Gewicht von 120 t, wurde auf einem im Strom gebauten Gerüst geschoben, dort mit Hilfe zweier Krane aufgerichtet, auf zwei besonders ausgerüstete, miteinander verbundene Schiffe abgesetzt und in die jeweilige Öffnung eingefahren.  An den Pfeilern und in der Mitte jeder Öffnung waren Rüstungen aufgestellt worden, auf die nacheinander die 6 Bogenhälften abgesetzt wurden. Nach Vervollständigung der Mittelrüstung wurden die Bogenhälften durch Schrauben und Druckwasserpressen gehoben. Zum Schluß wurden die Scheitelstücke der Temperatur entsprechend eingepaßt und vernietet. Nachdem die 3 Bogen einer Öffnung zusammengesetzt und vernietet waren, wurde das Gerüst umgesetzt. Die übrigen Konstruktionsteile wurden mit Hilfe einer leichten, in die Bogenträger eingebauten Rüstung aufgestellt. Im November 1873 waren die Arbeiten am Überbau beendet.

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alte Eisenbahnbrücke Hochfeld

Die Bauzeit für die Brücke betrug 2 Jahre, wobei die Stahlkonstruktion innerhalb von 10 Monaten erstellt worden war. Die Brücke konnte am 24.Dezember 1873 dem Verkehr übergeben werden.

Die mangelnde Unterhaltung während des Ersten Weltkrieges, die hohe Überanspruchung der Tragkonstruktion und die notwendige Verbreiterung der Schiffahrtsrinne erforderten einen Neubau der Brücke. Obwohl der Neubau schon geplant war, wurde 1921 noch ein durchgehender Windverband unter der Fahrbahn der alten Brücke eingebaut, um die Seitenschwankungen herabzusenken.

Eisenbahnbrücke Hochfeld 1925-27

Während man in den Jahren 1918/19 bereits Teile des neuen Unterbaus neben der alten Brücke erstellt hatte, konnte die Weiterarbeit erst 1925 fortgesetzt werden. Die Forderung nach einer Schiffahrtsöffnung von 190 m und die Stromverhältnisse bestimmten die unsymmetrischen Stützweiten der neuen Brücke von 104,0 - 126,0 - 189,0 - 104,0 m. Aus verschiedenen, von der Reichsbahndirektion Köln zusammen mit Harkort erstellten, Entwürfen wählte man einen Fachwerkbalken mit Gerbergelenken und abgestufter Höhe für die Ausführung aus. Da die Reichsbahn im Jahre 1924 den hochwertigen Stahl St 48 eingeführt hatte, verwendete man diesen Stahl für die Ausführung einer Rheinbrücke hier zum ersten Mal. Die Gesamtersparnis gegenüber einer Verwendung von St 37 betrug etwa 20 - 25% der Bausumme.

Die konstruktive Bearbeitung und Ausführung der Stahlkonstruktion lag bei den Firmen Harkort und Friedrich Krupp, die noch weitere Firmen an der Lieferung beteiligten. Bei der Anfertigung der statischen Berechnung, der Ausbildung der Stabquerschnitte, sowie bei der konstruktiven Durchbildung der Einzelheiten wurden die neuesten Vorschriften der Reichsbahn zugrundegelegt. Die Montage der Überbauten dauerte von März 1926 bis zum September 1927.

Die Weiterverwendung der alten Brücke war weder als Eisenbahn noch als Straßenbrücke möglich. Außerdem bestanden seitens der Schiffahrt Bedenken gegen den Fortbestand der Brücke und die Pfeilerstellung. Der Abbruch der Stromüberbauten bot Schwierigkeiten, da die Schiffahrt durch den Einbau von Gerüsten nicht behindert werden durfte. So entschlossen sich die ausführenden Firmen Friedrich-Alfred-Hütte und Harkort drei Öffnungen durch schwimmende Gerüste auszufahren und eine Öffnung und die beiden Drehbrücken auf festen Rüstungen abzubrechen.

Das schwimmende Gerüst bestand aus zwei Holzgerüsten, die jeweils auf zwei miteinander verbundenen Schiffen aufgestellt waren. Die mit Wasser gefüllten Schiffe wurden unter die durch eine Hilfskonstruktion verbundene Stahlkonstruktion gefahren und nach einem Höhenausgleich der Unterstützung der Bogen freigesetzt. Die ausgeschwommenen Bogen wurden auf einem festen Gerüst nahe am Rheinufer weiter stromaufwärts abgesetzt und verschrottet. Für das Ausschwimmen und Zerlegen eines Überbaus waren drei bis vier Wochen erforderlich. Nachdem die anschließenden Drehbrücken abgebrochen worden waren, brach man die Pfeiler, Widerlager und Flutbrücken ab. Sämtliche Arbeiten waren Anfang des Jahres 1930 beendet.

Prof.Dipl.-Ing. Hans-Fried Schierk, 100 Jahre feste Rheinbrücken in Nordrhein-Westfalen 1855-1955, pp.57ff
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Neubau 1926

Im März 1945 sprengten Pioniere der deutschen Wehrmacht die Brücke. Eine Wiederherstellung der Brücke mit den alten Überbauten war kurzfristig nicht möglich, konnten aber von der Gutehoffnungshütte gesichert werden. Als provisorischen Übergang errichtete die US Army im Mai in nur sechs Tagen eine Behelfsbrücke, die durch die Inbetriebnahme einer eingleisigen Brücke im Oktober 1949 überflüssig wurde.

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Brücke/Behelfsbrücke 1945

Als Anfang März 1945 US-amerikanische Truppen zum Rhein vordrangen, sprengten deutsche Pioniere die Brücke, die zu diesem Zweck mit einem Kohlenzug belastet wurde. Dabei stürzten  sämtliche Überbauten von den Pfeilern abgeknickt und in den Strom gefallen. Zur Freilegung der Fahrrinne wurde nach dem Krieg ein großer Teil des im Wasser befindlichen Stromüberbaus ebenfalls gesprengt. Da eine umgehende Wiederherstellung nicht möglich war, errichteten Pioniereinheiten der US-Armee eine Pionierbrücke, die nach nur sechs Tagen Bauzeit am 12. Mai 1945 in Betrieb genommen wurde. Bis Ende 1949 diente diese Brücke als Verbindung zwischen Duisburg und Rheinhausen. Ein Jahr später war die Brücke auch das zweite Gleis wiederhergestellt, zunächst für den Dampf- und Dieselbetrieb, bis 1964 die Strecke Duisburg-Krefeld elektrifiziert wurde.

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Hochfelder Eisenbahnbrücke 1949

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