Duisburg
 
Homberg-Ruhrorter Straßenbrücke
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Admiral-Scheer-Brücke

"Im Jahre 1905 gründeten die beiden Gemeinden Homberg und Ruhrort die Rheinbrückenbau und Betriebsgesellschaft Ruhrort/Homberg zu dem Zweck, eine feste Straßenbrücke über den Rhein zu bauen, zu unterhalten und betreiben. Zuvor hatten mehrere Eingaben und Vorschläge für eine feste Verbindung keine Unterstützung bei den zuständigen Stellen gefunden.

Die Lage der Rheinbrücke an der Einmündung der Duisburg-Ruhrorter Häfen war durch verkehrs- und brückentechnische sowie wirtschaftliche Erwägungen festgelegt worden. Aus einem engeren Wettbewerb wurde ein Bauwerk mit 5 Öffnungen bei einer Stützweite von rd. 204 m für die Hauptschiffahrtsöffnung zur Ausführung empfohlen. Als Tragsystem wurde für die Hauptträger ein Gerberfachwerkbalken gewählt, der mit seiner Gesamtlänge von rd. 625 m die weit gespannteste Brücke dieser Art auf dem europäischen Festland war. Die dem Momentenverlauf angepaßte Gurtführung und die gewählte Feldteilung ergaben im einzelnen eine gute abgestimmte Gliederung und vermitteltendem Beschauer ein überaus harmonisches und ästhetisches Gesamtbild.

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Admiral-Scheer-Brücke  (Blick von Ruhrort nach Homberg)

Die im Jahre 1907 fertiggestellte Ruhrort-Homberger-Brücke hatte als eine der ältesten Straßenbrücken über den Rhein einen wesentlichen Anteil gehabt an der fortschreitenden wirtschaftlichen Entwicklung der in ihrem Bereich liegenden Gemeinden.

In den folgenden Jahren war die Stahlkonstruktion starken Abgasen der umliegenden Industrieanlagen und der Rauchentwicklung des vor den Häfen sehr starken Schiffsverkehrs ausgesetzt. So führte die erzwungene Unterbrechung aller Unterhaltungsarbeiten durch den Krieg und die anschließende Besatzungszeit zu erheblichen Schäden an der Konstruktion.

In den Jahren 1928/29 wurden die durch Rost geschwächten und zerstörten Bauteile ausgewechselt und alle Konstruktionsteile verstärkt, die den neuen Berechnungsgrundlagen für Straßenbrücken nicht genügten. Diese Arbeiten wurden von der Gesellschaft Harkort in Duisburg ausgeführt.

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Admiral-Scheer-Brücke - Brückenkopf

Die Vergitterungen des unteren Windverbandes, der Kragträgeruntergurte, der Druckdiagonalen und der Pylonenpfosten wurden ausgewechselt und verstärkt, der obere gegliederte Windverband durch einteilige Querschnitte ersetzt und viele andere Instandsetzungen bzw. Verstärkungen durchgeführt.

Der interessanteste, aber auch schwierigste Teil der Instandsetzungsarbeiten war der Umbau der Pendelgelenke der Mittelöffnung. Unter Aufrechterhaltung des Verkehrs wurde ein Pendelgelenk der Mittelöffnung festgesetzt und das andere durch eine Neukonstruktion, ein Druckpendel ersetzt, damit bei Bewegungen in Zukunft nur Abwälzungen stattfinden sollten.

Im März 1945 sprengte die deutsche Wehrmacht auch sämtliche Rheinbrücken bei Duisburg.

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Räumung und Abriß der Admiral-Scheer-Brücke (Photo: BAW)

Trotz der Bedeutung dieser Straßenbrücke für den Verkehr über den Rhein zwischen Düsseldorf und der holländischen Grenze wurde das Bauwerk als letztes der Duisburger Rheinbrücken wiederaufgebaut.

Diese von der Besatzungsbehörde getroffene Entscheidung wirkte sich für die 1950 einsetzende Neuplanung vorteilhaft aus. Während in den ersten Nachkriegsjahren die Materialknappheit die Abmessungen und Ausführungen der wiederaufgebauten Brücken bestimmte, konnten bei diesem Brückenbauwerk neue Erkenntnisse erstmalig zur Ausführung gelangen. Die Anwendung neuer statischer Methoden, Ausnutzung der großen Torsionssteifigkeit von Hohlkästen für die vollwandige Haupttragkonstruktion, Mitwirkung der neuentwickelten Fahrbahnplatte mit kastenförmigen Aussteifungen und vor allem die erstmalig durchgeführte Vorspannung der Tragseile ergaben ein ästhetisch befriedigendes Brückenbauwerk.

Als statisches System der Haupttragkonstruktion wurde ein an Zügelgurten angehängter Durchlaufträger gewählt. Bei dieser "Zügelgurtbrücke" wurden Zuggurte, die über zwei Pylone laufen in den Versteifungsträgern an den Brückenenden und in der Mittelöffnung getrennt voneinander verankert. Sie tragen wie ein "Zügel" von jedem Pylon aus eine Hälfte der Brücke. Zwischen den Verankerungspunkten ist der Versteifungsträger durch Seile oder sonstige Zugglieder angehängt. Der iwischen den Verankerungen der Mittelöffnung gelagerte Teil des Versteifungsträgers kann als Einhängeträger gelenkig gelagert oder als Durchlaufträger, wie hier, ausgebildet werden.

Für die orthotrope Fahrbahnplatte wurden im Gegensatz zu den bisher üblichen coupierten I-Trägern für die Längsrippen sehr drillsteife Kastenquerschnitte vorgesehen. Durch eine Reihe von Durchbiegungsversuchen und Schweißnahtprüfungen unter Dauerschwingungen wurde das günstige Tragverhalten dieser neuartigen Fahrbahnplatte ermittelt.

Die Fahrbahnplatte bildete mit den beiden vollwandigen Hohlkästen der Hauptträger einen [nach unten offenen U-]-förmigen Querschnitt. Ein unterer Verband war nicht erforderlich. Die Ausführung gewährleistete eine ausreichende Stabilität gegen lotrechtes Ausknicken und waagerechtes Biegedrillknicken.

Die vier Haupttragkabel setzten sich aus je 19 patentverschlossenen Seilen mit rd. 73 mm Durchmesser zusammen. Die Tragseile sind zwischen acht an den Hauptträgerstegblechen befestigten Traversen verankert. Die Hänger sind ebenfalls patentverschlossene Seile, die ihre Kräfte durch zweiwandig ausgebildete Rahmen auf die Hauptträger übertragen.

Durch die Bedingungen der Ausschreibung, die Freihaltung der Hauptstromöffnung von Geräten und Jochen und den Erfordernissen des Kohleabbaues unter der Brücke, ergaben sich Einschränkungen für die Wahl des Brückensystems. Wirtschaftlich wurde der Zügelgurtträger gegenüber dem Schrägseilsystem erst durch die Vorspannung der Zügelgurte. Die Tragseile wurden so vorgespannt, daß die Biegespannungen unter ständiger Last im Versteifungsträger, ohne Einhängeträger, verschwinden. Die Kurve der Kabel muß bei vollständiger Ausschaltung der Momente affin der Momentenlinie verlaufen. Die Kettenlinie der Hängebrücke wird hier durch eine Parabel ersetzt. Ein wesentlicher Teil der Vorspannung wird durch einfache MontagemaBnahmen erzielt. Da die gesamte Stromöffnung während der Montage frei von festen Rüstungen bleiben mußte, wurde die Mittelöffnung im Freivorbau erstellt. Mit einer über die Pylone geführten vorgespannten Schrägseilhilfskonstruktion erfolgte der Einbau der Versteifungsträger und wurde die Vorspannung der Haupttragkabel ermöglicht. Der Einbau der restlichen Felder der Mittelöffnung bildete den Abschluß der Stahlbauarbeiten an diesem Brückenbauwerk.

Die besonderen Vorzüge dieser Brücke liegen in der beachtlichen Gewichtsersparnis gegenüber der alten Fachwerkbrücke trotz der vergrößerten Mittelöffnung, der Verbreiterung der Brücke und der erhöhten Verkehrsbelastung. Die Verwendung von hochwertlgen Seilen und Baustählen, die neuen statischen Berechnungsmethoden und die den neuesten Erkenntnissen und Versuchsergebnissen Rechnung tragenden Konstruktionsmerkmale trugen zu dieser Gewichtsverminderung bei. So entstand ein wirtschaftliches und eindruckvolles, in seiner zweckvollen Form und klaren Linienführung überzeugendes Brückenbauwerk."

Prof.Dipl.-Ing. Hans-Fried Schierk, 100 Jahre feste Rheinbrücken in Nordrhein-Westfalen 1855-1955, pp.275ff
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Friedrich-Ebert-Brücke (Photo: M. Frintrop)
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