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Bundeshaus |
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652,70 L |
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Bundeshaus |
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Dicht am Rhein gelegen steht ein Gebäudekomplex,
dessen kurze Geschichte eng mit der Geschichte der Bundesrepublik
verbunden ist. Es gehört zu den allgemein bekannten Anekdoten,
daß die Wahl die minder bedeutende Provinzstadt ihren Status
als Sitz des Parlaments und der Bundesregierung dem schlauen Einsatz
Konrad Adenauers verdankt: Als die Frage nach der Hauptstadt der aus
den Westzonen bestehenden Republik aufgeworfen wurde, stand eine Stadt
nicht auf der Liste. Berlin kam wegen seiner Lage in der sowjetisch
besetzten Zone und der Teilung nicht in Frage. Von den vier Städten
Stuttgart, Frankfurt, Kassel und Bonn kamen schließlich Frankfurt
und Bonn in die engere Wahl. Frankfurt hatte aufgrund seiner Geschichte
und seiner Lage gute Chancen und verfügte sogar im Parlament
über eine Mehrheit der Fürsprecher über die Parteien
hinweg. Adenauer, der bis zum Sieg der Nationalsozialisten Oberbürgermeister
seines Geburtsorts Köln gewesen war und sich während der
Naziherrschaft in ein Haus in Rhöndorf zurückgezogen hatte,
gelang es schließlich mit dem Argument, daß die 'Roten'
andernfalls triumphieren würden, alle Mitglieder der Christlich
Demokratischen Partei dem Fraktionszwang zu unterwerfen und die Fürsprecher
Frankfurts auf die Bonner Seite zu ziehen.
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Plenarsaal |
Frankfurt besaß mit der Paulskirche ein starkes architektonisches
Symbol für die parlamentarische Demokratie, das noch dazu im
Herzen der Stadt lag. Da die (im Krieg stark beschädigte) Paulskirche
andererseits den modernen Ansprüchen nicht würde genügen
können, veranlaßte man schon siegessicher und selbstgewiß
die Errichtung eines außerhalb des Zentrums gelegenen Rundbaus.
)Die Entscheidung erwies sich als vorschnell und bescherte dem Hessischen
Rundfunk sein wegen Empfangsgebäude, das wegen seiner goldfarbenen
Säulen 'Hundehimmel' genannt wurde.)
In Bonn hatte man unterdessen, veranlaßt durch die Alliierten,
die sog. Pädagogische Akademie für Lehrerfortbildung als
Herberge der Verfassungsgebenden Versammlung bestimmt. Der Konvent
begann im September 1948 damit, ein Grundgesetz der künftigen
Bundesrepublik zu formulieren. In der Absicht, die Wahl Bonns als
Hauptstadt buchstäblich zu untermauern, beeilte sich die Stadt,
das Haus, das 1930-33 im Stil der Neuen Sachlichkeit erbaut worden
war, dem künftigen Nutzen entsprechend umzubauen und ihm in der
Rekordzeit von fünf Monaten einen Plenarsaal hinzuzufügen.
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Sitzung im alten Plenarsaal (Foto:
Bundesarchiv) |
Vor dem Hintergrund einer künftigen Wiedervereinigung galt das
ehemals brausende Berlin als die ideelle gesamtdeutsche Hauptstadt,
das verschlafene Bonn dagegen lediglich als Provisorium. Die Motivation,
einen Generalplan für das Regierungsviertel zu entwerfen, war
entsprechend gering und hätte unter den Verfechtern der Wiedervereinigung
sogar als Verrat betrachtet werden können. Somit fanden die Veränderungen
eher im Stillen im Zuge einer Anpassung an die jeweils neuen Verhältnisse
statt. Überdies trug die neue Republik an einer historischen
Hypothek. Sie ließ es - vor allem angesichts des zurückgewonnen
Wohlstands - als geraten erscheinen, sich in Bescheidenheit zu üben,
um wirtschaftlichen Neid und politisches Mißtrauen gar nicht
erst aufkommen zu lassen.
Der Gesamtkomplex des Bundeshauses entstand in mehreren Bauabschnitten.
Als Bonn zur vorläufigen Hauptstadt gewählt wird, beinhaltet
das Gebäude der ehemaligen Akademie den Sitz der parlamentarischen
Körperschaften. Der vorgegebene Raum reichte nicht aus, für
den Bundestag werden der Plenarsaal und der Südflügel, für
den Bundesrat der Nordflügel angebaut. 1951 folgt unter Leitung
des Architekten Hans Schwippert eine Erweiterung nach Süden,
die in den Zwischenflügel und den siebengeschossigen Erweiterungsbau,
dem sogenannten ‚Kleinen Hochhaus’, mündet. Die zweite
Amtsperiode des Bundestags erforderte 1953 eine weitere Vergrößerung
des Plenarsaals mit einem Anbau für Büro- und Sitzungsräume
(Ministerbau). Im Anschluss an den Südflügel wurde ein dreigeschossiger
Flügel nach Süden mit Verbindung zum Hochhaus geschaffen.
Schwippert war auch für die Inneneinrichtung zuständig,
konnte sich indes mit seinem Entwurf für eine kreisförmige
Sitzordnung nicht durchsetzen. Frontal wurde in der Schule unterrichtet.
Frontal saß die Legislative der Exekutive gegenüber. Der
Größe des Parlaments war es immerhin geschuldet, daß
die Sitzreihen sich um das Rednerpult krümmten.
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Daß das Parlament den Geist der Zeit verbreitet, es versteht
sich fast von selbst. Wer ein wenig mehr über diesen Geist
erfahren will, der im Zentrum der Macht naturgemäß umging,
lese den Roman 'Das Treibhaus' von Wolfgang Koeppen. Der Titel ist
eine Metapher für den Bundestag, der Roman eine Reflexion eines
Abgeordneten über Kollektivschuld und dem Wunsch nach Re-Militarisierung
in der frühen Nachkriegszeit.
Mitte der achtziger Jahre herrscht ein anderer Geist. Der Plenarsaal
wird wegen Baufälligkeit abgerissen. Die Parlamentarier tagen
vorübergehend in einem umgebauten alten Wasserwerk. Durch den
Neubau, der 1988 in Angriff genommen und 1990 fertiggestellt wird,
fährt 1989 der Blitz der Geschichte. Als die Parlamentarier
1992 ihr neues Domizil beziehen ist diese Zukunft schon Geschichte.
Recht unsentimental, ohne hörbare denkmalschützerische
Einwände und fast unbemerkt wurde das alte Parlamentsgebäude
in den folgenden Jahren um- und ausgebaut. Äußerlich
und innerlich gewandelt dient es als Kongresszentrum der Vereinten
Nationen in einer verschlafenen Stadt, die die Welt begrüßt. |
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Bundeshaus Bonn |
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Had you passed this spot some time in the
1950es or 60es you would have seen a building that you had not known
but from the evening news or a picture in a magazine. Someone would
point to it and call out: 'Look there, the Bundeshaus.' And somebody
would ask: 'Where? But where?' The West-German parliament was far
from spectacular although it was at the hub of an exciting period
of national history.
Why did Bonn become the Federal Republic's capital city in the first
place? When the question of the future seat of the West-German Government
arose Berlin was not on the list. As an island cut in two in a sea
of Reds it seemed beyond debate. While four cities threw there hats
in the ring, namely Stuttgart, Kassel, Frankfurt, and Bonn, eventually
only Frankfurt and Bonn were to be considered.
Frankfurt's odds were rather high. It had a long republican tradition
and support across the party lines. Ironically it was this support
that turned against its aspirations. Chancellor to-be Konrad Adenauer,
who had been mayor of his birthplace Cologne had withdrawn to Rhöndorf
until the war was over. The vote of his own Christian Democratic Party
for Frankfurt would play into the hands of the Socialists by granting
them a triumph, he argued, thus forcing them under the party whip
to vote for Bonn.
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plenary hall |
In September 1948 a convention began to lay out the new German constitution
in a teacher's training academy. Seeing that Frankfurt, prematurely,
built a new plenary hall in next to no time, Bonn followed suit. The
academy building, erected in 1930-1933 in the style of the Neue Sachlichkeit,
was converted and given a plenary hall.
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session in the old plenary hall
(Foto: Bundesarchiv) |
While expectations of a future reunification were kept alive the effervescent
city of Berlin was the secret capital of the country while the status
of the sleepy town on the Rhine was regarded as temporary. Motivation
to draw a general plan that includes all government institutions was
low. Changes were made but more as adjustments to new circumstances
than structural interventions. Commitments to Bonn could have been
misunderstood as betrayal of the hopes regarding a united Germany.
Moreover the new Republic carried the burden of its recent history.
Especially in view of the new wealth it seemed wise to exercise modesty
to avoid economic envy and political suspicion.
The complex of the Bundeshaus developed in stages. When Bonn became
the capital city of the Federal Republic the building of the academy
housed the parlamentary bodies. Space being insufficient a plenary
hall and the southwing as well as a north wing for the Bundesrat were
swiftly added. In 1951 the architect Hans Schwippert
1951 folgt unter Leitung des Architekten Hans Schwippert accounted
for an extension to the south with an intermediate wing and a seven-story
building for offices for the members of parliament. The following
session already required an extension of the floor with additional
rooms for offices and meetings as well as a three-storey wing to the
south.
Schwippert was also responsible for the interior. However, his plan
for a more circular arrangement of the tiers did not meet the approval
of the government. At least the size of the parliament and number
of its members made necessary the slight bending of the rows of seats
around the despatch box.
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milk bar |
It is almost a matter of course that a building represents the
spirit of its times. Whoever wants to know more about the Bundeshaus
and its 50es spirit, should read 'The Hothouse' by Wolfgang Koeppen.
The novel's title is a metaphor for the Federal Parliament, the
novel a witty reflection of a partisan member of parliament in moral
conflict haunted by collective guilt and tendencies of re-militarisation
in the early post-war era.
In the mid-eighties this spirit has long come to rest. The plenary
hall is in a deplorable state of disrepair and demolished. Temporarily
the parliament moves into a converted ex-waterworks, while a new
transparent hall is built. Half-way in the construction period from
1988 to 1990, lightning of history strikes. As the members of parliament
move into their new domicile their future is already about to become
history. In the years that follow the old parlamentary building
undergoes complete refurbishment. Quite unsentimentally and without
qualms it is turned into a congress centre for the United Nations
in a sleepy city on the Rhine that welcomes the world. |
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