Rotterdam
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Katendrecht
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Katendrecht 1895

Katendrecht ist ein altes Viertel am Südufer der Nieuwe Maas, das inzwischen zum Stadtteil Feijenoord gehört. Seine Name geht auf einen Polder zurück, der zur Insel Putten gehörte, die 1199 erstmals erwähnt wurde. Zu Beginn des 19. Jhdts. bildete Katendrecht eine kleine selbständige Gemeinde, die eine Jahre lang von 1811-16 gemeinsam mit Charlois eine Stadt bildete, um danach für den größten Teil des Jahrhunderts unabhängig zu sein. Schon 1599 wurde ein Fährdient nach Rotterdam eingerichtet, das über Katendrecht und Charlois Eigentumsrechte besaß. Der Fährdienst überlebte sogar die Eröffnung der Willemsbrug im Jahr 1878 und wurde erst mit dem Bau des Maastunnels überflüssig. Gegen Ende des Jahrhunderts erlebten die Bewohner von Katendrecht allerdings beträchtliche Veränderungen. 1874 fand erneut der Zusammenschluß mit Charlois statt. 1887/88 wurde der 1e Katendrechtse Haven, 1895/96 der Katendrechtse Haven gegraben, die 1895 von Rotterdam vereinnahmt wurden, sodaß das ruhige Dorfleben ein Ende fand.

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1e/2e Katendrechts Haven
zwischen N.Maas und Maashaven

Im selben Jahr wurde der Rijnhaven fertiggestellt, auf den 1898 der Bau des Maashavens folgte. Ihr Bau beanspruchte den fruchtbaren Boden, der bis dahin die Grundlage für die Landwirtschaft mit Viehzucht und Gartenbau gewesen war. An die 700 Häuser wurden mitsamt der Kirche und anderen öffentlichen Gebäuden abgerissen. Dreieinhalbtausend Bewohner mußten der Ausbreitung des Hafens weichen. Auf der Halbinsel, die übrig blieb, drängten sich Häuser zwischen Piers und Hafenanlagen, Lagerhäusern und Rangierhöfen. Neue Häuser für Hafenarbeiter und -personal entstanden. Während das äußere Klima unter der Kohle und dem Erz litt, das tagaus tagein umgeschlagen wurde, wurde das soziale Klima von der Arbeit der im Tagelohn beschäftigten Hafenarbeiter bestimmt, die das wenige Geld, das sie verdienten, oft gleich in den örtlichen Cafés ausgaben. Katendrecht wurde bekannt für seine Seemannskneipen und von Chinesen geführten Bumslokale. Die Chinesen verdankten ihr Dasein dem Rotterdam Lloyd: Als die Hafenarbeiter von Rotterdam und Amsterdam gemeinsam streikten, importierte die Gesellschaft hundert chinesische Heizer und Trimmer aus England. Als der Streik zu Ende war, blieben die Chinesen und ließen sich in Katendrecht nieder, wo die Mieten niedrig waren. 1914 öffnete die erste chinesische Seemannspension ihre Türen, die mehr Seeleute anzog, die nach dem 1.Weltkrieg in Rotterdam abmusterten und blieben. 1922 zählte die Delistraat bereits 16 Pensionen, von denen einige Dienste für den Einkauf, Glücksspiel und Opiumkonsum anboten. Auf diese Weise wuchs die Anzahl chinesischer Einwanderer in den frühen 1930er Jahe auf über 1300. Als es 1936 mit der Schiffahrt wieder aufwärts ging, entschieden sich viele Chinesen wieder für die See. Einige versuchten, dem Ghetto zu entkommen, indem sie andernorts ein Restaurant eröffneten oder als Keksbäcker und -händler. Schließlich wurden sie massenhaft ausgewiesen, sodaß schon 1940 von den 1200 Chinesen nur noch 200 geblieben waren.

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Zandstraat um 1910

Es waren allerdings keineswegs nur die Chinesen, zu zum schlechten Ruf des Viertels beigetragen hatten. Schon zur Jahrhundertwende kannte man Katendrecht, das sog. De Kaap, als Ort der Tanzpaläste und Cafés, wo alle möglichen Formen der Unterhaltung geboten wurden, während die Arbeitermädchen auf Kundenfang gingen. Der deutsche Überfall trug ebenfalls zur Beliebtheit des Viertels bei, nachdem große Teile der Innenstadt zerstört war. Als der Besuch des Kaap aus Furcht vor Geschlechtskrankheiten verboten wurde, verwandelte sich die Halbinsel in ein Rückzugsgebiet für die Anhänger des Jazz und für Leute, die ein Versteck suchten. Ehe die Deutschen schließlich abzogen, zerstörten sie mit den Hafenanlagen 1200 Häuser.

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Delistraat

Nach dem Krieg wurde der Betrieb in jeder Hinsicht wieder aufgenommen. Während sich in den Häfen die Schiffe drängten, blühte am Kaap die Unterhaltung und die Prostitution, was den schlechten Ruf als Kaap Kut festigte. Als die Zeiten 1972 härter wurden, zählte man 121 Bordelle mit 385 Prostituierten - was selbst für jene Bürger zu viel war, die friedlich Tür an Tür mit den Bars und Bordellen gelebt hatten, sich aber inzwischen von Straßenstrich, Drogenhandel und Immobilienhaien bedrängt fühlten. Obwohl in den 1980er Jahren die Seeleute ausblieben und das Geschäft zurückging, blieben die Probleme doch. Als sozialer Brennpunkt klassifiziert, stand das Viertel ganz oben auf der Liste der Sanierungsgebiete, zumal Katendrecht ein attraktiver Standort für das Wohnen am Wasser war. Innerhalb von zwei Jahrzehnten wurde das Viertel mit neuen Wohnhäusern, Parks und anderen Einrichtungen aufgewertet, um Menschen anzuziehen, die zuvor keinen Fuß dorthin gesetzt hätten.

In den 1980er Jahren wurde der 1e Katendrechtse Haven ganz, der zweite teilweise aufgeschüttet, das Land für preiswertes Wohnen genutzt. Anfang des 2. Jahrtausends wohnten 4100 Menschen in dem Quartier, davon einige in den neuen Hochhäusern am Wasser.

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