Rotterdam
Beerkanaal
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Dünen von de Beer (1940)

"Das also ist die Mündung des Rheins, die gute alte, und wie wir hoffen, unverwüstbare Natur, das reiche Leben, wo Strom und See sich treffen und mittendrin das Riesenschiff [die Statendam der Holland-Amerika-Lijn], der Ausdruck menschlicher Betriebsamkeit in einer Welt von Wohl und Wohlbehagen." Diese Worte schrieb der Lehrer und Naturfreund Jac P. Thijsse 1938 im Verkade Sammelalbum Waar wij wonen (Wo wir wohnen), für das er Beiträge verfaßte, über De Beer. Das Gebiet, das lange Zeit eins mit dem Land nördlich der Maas war, bildete nach dem Bau des Nieuwe Waterweg den nördlichen, an den Kanal grenzenden Teil der Hoek van Holland. Nunmehr vom Land abgeschnitten, entwickelte sich die Insel zu einem Natur- und Vogelschutzgebiet. Während an der Seeseite der Strand durch den Bau der Südmole an der Kanalmündung durch Sandablagerungen anwuchs, entstand im Süden durch die Verminderung der Strömung in der Brielschen Maas ein ausgedehntes ufernahes Sumpfgebiet, die Vogelplaat.
1935 wurde das 13 Hektar umfassende Brutgebiet mit seinen zahlreichen Vogelarten unter Naturschutz gestellt. Eine Untersuchung über die "wertvollsten Elemente der Landschaft" charakterisierte De Beer mit den Worten: ‘Es ist einsam und unzugänglich. Sie stellt eine der schönsten Landschaften der niederländischen Küste dar." Ein Vogelbuch nannte 180 Vogelarten, die auf der Insel siedelten. In Onze Grote Rivieren (Unsere Großen Flüsse) schrieb der Schriftsteller und Natürschützer Thijsse "Es ist kein größerer Gegensatz vorstellbar als der zwischen dem gewaltigen Getriebe entlang der Wasserstraße und dem abgeschiedenen Naturleben auf der Beer."

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Nieuwe Waterweg / De Beer

Obwohl das Gebiet während des 2. Weltkriegs aufgrund seiner strategischen Lage zur Nordsee einige Eingriffe, wie z.B. den Bau des Atlantikwalls zu verkraften hatte, konnte es sich nach dem Krieg wieder erstaunlich rasch erholen. Allerdings war diese Zeit der Ruhe nur von kurzer Dauer. In den fünfziger Jahren zeichnete sich schon die Erweiterung des Rotterdamer Hafens in Richtung See ab. Während die Botlek noch im Bau ist, denkt man schon daran, das gesamte Gebiet zwischen Oude Maas und Maasmündung dem Hafen einzuverleiben. Ein 100-seitiger Bericht des Jahres 1957 über die "Randstad und das Delta" widmet dem Naturschutzgebiet De Beer gerade 13 Zeilen, um seine Eignung als Standort für eine Eisenhütte herauszustellen.
Die Hütte wurde letztlich nie gebaut. Wohl aber fand das Naturdenkmal De Beer am 1.1.1964 ein Ende. Stattdessen entstand der - in gewisser Hinsicht nicht weniger eindrucksvolle - Hafenkomplex Maasvlakte I, der gleichsam wie eine riesige Blaupause über das Land ausgebreitet wurde, so daß die Insel unter ihm fast völlig verschwand. Lediglich im Süden schaut ein kleiner Zipfel der ursprünglichen Landschaft hervor, die Kleine Beer genannt. Zusammen mit dem Beerkanaal und dem Beergat bilden sie ein 'Denkmal für eine verlorene Landschaft'

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Beerkanaal - Europahaven (links) (photo: Rijkswaterstaat)
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