Rotterdam
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Rozenburg
Karte
Insel Rozenburg 1867 (Streekarchief Voorne Putten)

Bis 1965 erstreckte sich hinter dem Damm, der jetzt den Nieuwe Waterweg und den Calandkanaal trennt, die große Flußinsel von Blankenburg, auch bekannt als Rozenburg. Die Insel lag zwischen zwei Armen der Maas: dem Brielsche Diep, auch bekannt als Nieuwe Maas, und dem Scheur nördlich davon. Von den beiden größeren Ansiedlungen - den Dörfern Blankenburg und Rozenburg - überdauerte nur das letzte die explosionsartige Ausbreitung des Rotterdamer Hafens in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Die Insel bestand lediglich aus ein paar Sandbänken und Wattflächen, als es 1587 oder 1588 einem Vogelfänger verpachtet wurde, der dort ein Haus und einen Entenstall errichtete und begann, das Land einzudeichen. Er bekam bald Gesellschaft in Gestalt eines Flüchtlings aus Flandern, namens Willem Pieterszoon Moerman, später als Moerman van Blankenburg bekannt. Ein Priel, das sog. Sparregat schied Rozenburg und Blankenburg, nachdem die Inseln in der ersten Hälfte des 17. Jhdts. vereint worden waren und jede einen eigenen Polder bildete. Weil sich die Bewohner nicht auf einen Namen einigen konnten, nannte man die ganze Insel Rozenburg en Blankenburg mit Ruige- en Langeplaat", wobei mit letzteren zwei Sandbänke beiderseits der Insel gemeint waren.

Im 17. Jhdt. war die Insel noch stets dünn besiedelt. Es gab nicht einmal genug Menschen, um einen Pfarrer zu unterhalten, geschweige denn, eine eigene Kirche zu bauen. Stattdessen wohnten sie dem Gottesdienst jenseits des Brielsche Diep in Zwarte Waal bei. Seit 1644 kam der Gemeindepfarrer einmal die Woche von dort auf die Insel, um den Dienst abzuhalten. Als sich dieser Pfarrer, Pythius, 1657 zu alt fühlte, diese wöchentliche Reise auf sich zu nehmen, beschlossen die Insulaner, in eine eigene Kirche zu investieren. Während die meisten Bewohner über die Insel verstreut wohnten, sollte die Kirche in Blankenburg stehen, wo ein großer Teil von ihnen lebte und ein Hafen für die Fähre mit Nieuwesluis gebaut worden war. Mit der Kirche entstand ein Gemeindehaus und eine Schule als Mittelpunkt des künftigen Dorfs. Um 1700 wurde ein Gericht gebaut, in dem der Bürgermeister und die Abgeordneten Recht sprachen und Gäste übernachten konnten.

Postkarte
Ansichtskarte von Rozenburg 1965

Wußte Blankenburg sich als Mittelpunkt der Insel über zwei Jahrhunderte zu behaupten, nahm die Konkurrenz von Rozenburg langsam zu. In Rozenburg bestand eine Fähre nach Brielle, bedeutender als die Fähre nach Nieuwesluis. Noch bedrohlicher war die Ausdehnung der Insel nach Westen. In Verbindung mit dem Nieuwe Waterweg, der 1872 eröffnet wurde, bekam die Insel ein ausgedehntes Dünengebiet, das Beer zugesprochen. Damit verschob sich der Schwerpunkt der Insel fort von Blankenburg, nunmehr die sog. Zuidzij (Südseite).

In den Jahren darauf zog die Bevölkerung näher zu den Fähren nach Maassluis in Norden und nach Brielle im Süden, auf den Zanddijk und den nördlichen Deich von Rozenburg, Buurt (Nachbarschaft) genannt. Anzeichen, daß sich das Blatt wenden würde, gab es schon einige Zeit: 1887 mit dem Umzug des Arztes in ein neues Haus, dem Bau eines neuen Dorfsaals 1863, einer neuen Mühle gegeüber dem Dorfsaal 1887 zbd der Anlage eines neuen Friedhofs. 1936 wurde die Kirche in Blankenburg abgerissen, während man in Rozenburg die neue Immanuel-Kirche errichtete. Zu dieser Zeit wohnten von den dreitausend Insulanern vierhundert in Blankenburg, wo sie dennoch über alles verfügten, was ein Dorf ausmachte: Schule, Läden, Cafés, Werkstätten, Kleingewerbe.

Der Todesstoß kam mit der Watersnood von 1953, die über Nacht Deiche fortspülte und weite Gebietge im Delta zwischen Rotterdam und Antwerpen verwüstete, wobei uralte Erinnerungen an die St.-Elisabeths-Flut wiederbelebt wurden. Während Hilfe eintraf, höte man Leute sagen: "Die Maschinen, die kamen, um die Deiche zu reparieren, gehen nicht mehr fort." Die Bedrohung kam nicht von der See, sie kam von Rotterdam. Der Zweite Weltkrieg war kaum vorbei, als Rotterdam begann, die Botlek anzulegen und weiter in Richtung der Insel aufzurücken. Die Botlek war noch nicht fertig, als schon Pläne für einen weiteren, noch größeren Komplex weiter westlich gemacht wurden. Während der westlichste Teil des künftigen Europoort der See abgerungen werden sollte, durchschnitt der östliche Teil kreuz und quer durch die Insel Rozenburg, ohne - oder mit wenig - Rücksicht auf die Landgrenzen und die Wasserläufe.

Die Pläne für die Maasvlakte wurden vom Stadtrat von Rotterdam 1957 abgezeichnet. Während das Baggern neues Land in Richtung See erbrachte, wurden längs durch die Insel zwei Kanäle gegraben: Calandkanaal und Hartelkanaal. Ersterer versprach Zugang sowohl zu den Hafenbecken, die am Meer lagen als auch zu den Ölhäfen, die wie Parkbuchten den Kanal entlang aufgereiht waren. Der Hartelkanaal seinerseits ermöglichte eine Trennung der Binnen- von der Seeschiffahrt. Die Rozenburg-Schleuse diente als Verbindung zwischen beiden. Der Aushub der Kanäle wurde benutzt, um die Insel aufzuschütten, deren Niveau um etwa 5 Meter angehoben wurde.

2010 verlor Rozenburg - das sich topographisch nach Südosten im Botlekgebiet verliert (wo es nur dank der Oude Maas noch eine Art Insel bildet) und nach Nordwesten in einem kilometerlangen Trenndamm zwischen Nieuwe Waterweg und Calandkanaal ausläuft, auf Beschluß des Gemeinderats 2008 seine Selbständigkeit an Rotterdam. Inzwischen droht den rd. 12000 Einwohnern neues Ungemach: Die sog. Landzunge der Insel - der Trenndamm - soll wirtschaftlich sowohl für den Hafen als auch als Standort für Windenergie nutzbar gemacht werden.

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